Aufrüstung für eine gute Sache
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Direktor der Fiat-Motorenentwicklung und - ab 1976 - Abarth-Generaldirektor war Aurelio Lampredi, der gleichzeitig das bis dahin größte Rally-Team aller Zeiten befehligte und dabei von Rennleiter Giovanni Maruffi unterstützt wurde. Sein engster Mitarbeiter, Ingenieur Fernando Russo (nicht zu verwechseln mit Rally-Copilot Domenico Russo), der unter der Leitung von Ingenieur Gianfranco Squazzini die Rally-Abteilung mitaufgebaut hatte, bereitete für 1974 sage und schreibe 28 Werksfahrzeuge vor.

Die Farbgebung hatte sich jetzt etwas geändert: Mattrote Grundfarbe, gelb-grüne Kotflügel-Verbreiterungen und Entsprechende Dachkränze.

Nach ihrer Freigabe vollführten die CSA's fortan eine Art Ringelspiel: Einige rannten beim Training, andere im Rally-Einsatz, die restlichen wurden entweder gerade instandgesetzt oder versuchsweise mit Verbesserungen versehen.

Der Personalaufwand war vergleichsweise hoch: 34 spezialisierte Fiat-Mechaniker arbeiteten in vier Extra-Abteilungen (Motor, Elektrik, Mechanik und Karosserie) nur für den Abarth Rally.

Sie betreuten auch die Gruppe-1-Limousinen, die bei der itaienischen Landesmeisterschaft mitfuhren, wo Fiat seit Jahren so erfolgreich war. Sieben Profi- und zeitweise mehrere Gast-Teams wurden engagiert - alles in allem der fixe Aufwand für die Fiat-Rallyabteilung (also noch ohne Entwicklungskosten!) auf umgerechnet 4 Millionen Mark jährlich.

1974 kam die nächste Auflage des Werks-CSA - mit dem neuen, um 2 Millimeter auf 1839 ccm aufgebohrten Vierzylinder (Verdichtung 10,7:1, zwei Ventile pro Zylinder). In diesem nur noch 900 Kilo leichten Auto erreichte er immerhin 170 PS, dann 180 PS bei 7000 Touren!Erstmals eingesetzt wurde der so erstarkte CSA im März 1974 bei der Rally San Remo. Alle Werksfahrzeuge besaßen vorgebaute Halogen-Zusatzscheinwerfer und riesige Carello-Weitstrahler im Kühlergrill (darum die kleineren Blinklichter vorn!), Überroll-Käfige, Plexiglas-Türseitenscheiben und einen geschweißten 68-Liter-Alu-Renntank hinten links. Die Batterie wanderte nur bei den Flitzern der Gruppe 4 in den Kofferraum; für die seriennahe Gruppe war dies nicht gestattet.

Stoßdämpfer und Federn waren in der Gruppe 4 (stark veränderte Gruppe-3-Wagen oder 500 mal jährlich fertiggestellte Zweisitzer) nach Belieben veränderbar. Verstärkte - wenngleich extra zu homologierende - Bremsen waren erlaubt. Und auch die geringfügige Leistungssteigerung war ohne weiteres nachvollziehbar: Die Bestimmungen für die Wagen-Kategorie ließen ja nicht nur die "Ausmerzung der Testblattdifferenzen" zu, sondern erlaubten überdies das Polieren der Ein- und Auslässe, das Nacharbeiten der Brennräume, das Feinwuchten der Kurbekwelle, den Einsatz besonderer Schmiede-Kolben sowie größerer Vergaserdüsen und einer Hochleistungs-Zündeinlage.

Im März 1974 (die Monte und die Schweden-Rally 1974 waren wegen der weltweiten Ölkrise ausgefallen) kamen diese leistungsstärkeren Gruppe-4-Abarth bei der strapaziösen TAP Rally Portugal über 2000 Kilometer auf die Plätze Eins bis Drei: Pinto / Bernacchini vor den Teamkollegen Paganelli / Russo und Alen / Kivimäki. Rennleiter Taruffi konnte sich die Hände reiben - der Name Fiat tauchte immer und immer wieder in den Sportnachrichten auf. "Die drei Fiat-Teams umkreisten den Toyota-Piloten Ove Andersson wie einen Spielball", hieß es beispielsweise in der ams, "ohne das sich der Schwede wirklich effektvoll wehren konnte". Beflügelnd hatte dabei sicher gewirkt, dass mit dem erst 23 jährigen Markku Alen einer der talentierten "Fliegenden Finnen" zum Turiner Riesen gewechselt war.

Allerdings hatte die Konzernschwester Lancia ihren völlig überlegenen Stratos aus der Taufe gehoben - was in der Folgezeit zu einer schizophrenen Doppelstrategie führte.


Zweite Plätze wurden bei der Rallye San Remo (Bisulli / Rosetti) und der Press on Regardless (POR) - sinngemäß: Gasdurchtreten ohne Gnade - in den USA (Alen / Aho) belegt. Ein dritter Platz sprang bei der Tausend Seen Rally (Alen / Kivimäki) heraus. Einzelsieger bei der San Martino di Castrozza wurden Bacchelli / Scabini. Weniger erfolgreich war die Teilnahme Björn Waldegaards mit einem 124er Abarth bei der Marokko-Rally, und auch der andere Afrika-Auftritt endete nicht wunschgemäß: Mit drei Werksteams starteten die Turiner bei der East African Safari Rally 1974 - die Autos geschützt mit martialischem Rammschutz und mächtigen, dann jedoch nicht eingesetzten Steinschlaggittern vor der Frontscheibe. Am Ende kam der Kenianer Robin Ulyate gerade auf den zehnten Platz.


Rally racing hatte Gelegenheit, den aktuellen Wagen zu testen und war begeistert: "Dieser Fiat ist keineswegs ein PS-strotzender Haufen Blech, sondern so etwas wie ein Pferd, das sich im Gelände auskennt!" Stellvertretend für andere Gazetten hatte das Vollgas-Blatt seine bisherige Zurückhaltung aufgegeben und orakelte gar: "Nach einer und einer halben Saison kann man getrost den früheren Leistungsrückstand vergessen: Fiat ist auf dem besten Wege, Rally-Weltmeister des Jahres 1974 zu werden.

Doch auch 1974 belegte Fiat bei der Marken-WM hinter Lancia (diesmal mit dem Stratos) wieder nur den zweiten Platz, schob sich damit aber vor Ford, Toyota und Alpine Renault. Und wiederum verhalf der 124 Rally zum italienischen Meister-Titel, den sich die Herren Verini und Macaluso verdient hatten. Und in der Damen-Wertung standen erneut die Signorine Tominz / Mamolo oben in der Liste. Noch taten die 124er Rally, immer weiter aufgerüstet, in der Hand von Privatfahrern weiter brav ihren Dienst. Allerdings tauchten sie Ende der Siebziger gelegentlich gar zu Dumpingpreisen an gänzlich unerwarteten Stellen wie in Polen auf: Hier waren einst einige CSA als lorbeerheischende Dauerleihgaben an Polski-Fiat gegeben worden - ihre Wege verloren sich anschließend.

Sicher: Die Gruppe-4- und die Gruppe-3-Homologation waren längst erfüllt, und andere Fiat-Stars - allen voran der 131 Abarth - standen ja bereits in den Startlöchern. Dominierend war ohnehin der Lancia Stratos, jene legendäre Rennflunder, die mehrfach Weltmeister wurde. Die italienische Nobelmarke Lancia war im Oktober 1969 im Fiat-Konzern aufgegangen, und von daher war die Entscheidung zugunsten des modernen Fahrzeugs nur folgerichtig.

Außerdem war der Fiat X 1/9 als Abarth 019 Prototipo 2000 rennfertig gemacht worden, der mit dem 1839-ccm-Vierventiler des 124 Rally von 1975 daherkam, aber zugunsten des 131 Abarth fallengelassen wurde. Und auch der Lancia A 112 Abarth scharrte schon mal mit den Reifen, auch wenn er schließlich nie werksunterstützt wurde. Ganz klar: Konkurrenz im eigenen Hause belebt zwar das Geschäft, kann aber auch zu einem Schlußstrich führen.

Quelle: Das Große Fiat Spider Buch - Eberhard Kittler, Heel Verlag, Königswinter | nach oben