Der Abarth im Renneinsatz

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  Im Oktober 1972 waren die nagelneuen, anfangs 165 PS starken Abarth-Rennversionen einsatzbereit. Homologiert   wurden sie erst Ende 1972. Seine Rally-Premiere beging der CSA unter Alcide Paganelli / Domenico "Nini" Russo   bei der TAP Rally Portugal in der Prototypenklasse (Gruppe 5). Eine defekte Benzinpumpe warf sie auf den fünften   Platz zurück.

  Gegenüber den Zivil-Ausführungen war an den auf 950 Kilo abgestrippten   Rennern unendlich viel getan worden. "Getunt und verbessert" hieß es so   schön in den Homologations-Bestimmungen der Gruppe 4 (500 Exemplare).

  Das bedeutete: Leistungssteigernde Zylinderköpfe und Motorblöcke   einschließlich größerer Ventile und härterer Ventilsitzfedern waren genau   so legal, wie spezielle Kurbelwellen und Nockenwellen; Schmiersystem,   Gemischaufbereitung und Auspuffgestaltung unterlagen nur wenigen   Zwängen.

  Die Verdichtung stieg mittels höherer, geschmiedeter Kolben auf bis zu   12,5:1, der ohnehin außerordentlich standfeste Kurbeltrieb wurde leicht-
  gängiger; man griff zu stabilen Titanpleueln.

  Dem Wasserkühler gesellte sich ein Ölkühler zu, die Ölwanne wurde ver-
  größert und die Leistung der Ölpumpe gesteigert.

  Die ohnehin schon "scharfen" Nockenwellen wurden durch "schärfere"   ersetzt, die Ansaugkanäle wurden vergrößert, hohle oder natriumgekühlte   Ventile kamen zum Einsatz. Alles in allem wurden so schließlich Motorleistungen von rund 165 PS bei 7200 U / min   realisiert - dies bedeutete 5,2 Kg / PS Leistungsgewicht anstatt 7,2 Kg / PS beim Serien-Abarth.

  Die mächtigen 1,8-Liter-Alpine-Rivalen hatten sich allerdings schnell aufs gleiche Leistungsniveau "hochgemendelt".

  Wiederum von Colott stammte das unsynchronisierte, äußerst robuste, aber feinabgestimmte CCC-Fünfganggetriebe   (CCC = Cambio da Corsa Colotti) - denn auch die Getriebewahl war durch die FIA freigestellt: Es mussten allerdings   100 Stück homologiert werden. Die H-Schaltung war rennmäßig ausgelegt: Der erste Gang saß ganz unten links, auf   einer Ebene mit dem Rückwärtsgang.

  Ebenfalls von Colotti kam das Sperrdifferential für 25 - 100prozentige Sperrung. Noch ein Unterschied zum Straßen-   CSA: Die Schneckenlenkung war mit 12:1 statt 16:1 viel direkter ausgelegt, die Vorderachse wurde weiter modifiziert.   Und das Hardtop bestand - im Gegensatz zum zivilen CSA - aus hauchdünnem Fiberglas.

  Im Innern tat sich nicht so viel; im abgespeckten Alu-Amaturenbrett saß allerdings nur der Drehzahlmesser,
  umgeben von 4 kleineren Rundinstrumenten.

  Natürlich waren auch die Kotflügel-Verbreiterungen noch
  üppiger ausgefallen. Ein halbes Jahr später experimentierte   Abarth mit noch viel skurrileren Aerodynamik-Hilfsmitteln: Die   breit ausgestellten Spoiler in Verlängerung der Kotflügel-Ver-   breiterungen im Heckbereich wirkten wie Fledermausflügel...

  Außerdem wurde auf der Rennstrecke von Casale versuchs-   weise ein 250 PS starker Zweiliter-Abarth-Motor aus dem Renn-   sportwagen Abarth-Osella 2000 installiert.


  Angeregt vom Abarth-Testfahrer Giorgio Pianta (heute Alfa-Rennleiter in der ITC) und realisiert von Ingeneur Piero   Jacoponi wurde das Fahrzeug Mitte 1973 fertiggestellt und erfolgreich mit noch ausladenderem Heck-Flügelwerk   beim 1973er Giro d'Italia eingesetzt. Obwohl es keine weiteren Einsätze gab, war diese Kombination keineswegs   zufällig zustandegekommen: Schon bei einer Pressekonferenz Ende 1972 hatte Projektleiter Gianfranco Squazzini   nicht nur den neuen CSA angekündigt, sondern auch die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Osella-Rennteam in   Aussicht gestellt.

  Man hoffte, 1973 in der Sportprototypen-Klasse der Zweiliter-Wagen der Konkurrenz den Auspuff zu zeigen - beließ   es aber bei dieser Absichtserklärung.

  Ab Januar jenen Jahres gingen statt dessen vier Werksmannschaften mit dem robustem Gruppe-4-CSA ins Rennen.   Das ganze Jahr 1973 über blieb ihre Farbgebung die gleiche: rote Grundfarbe, mattschwarze Hauben, schwarze   Kotflügel-Verbreiterungen, sommers weißes Dach (sonst schwarzes Hardtop) und weiße Seitenstreifen.

  Erstmals eingesetzt wurden sie gleich bei der 42. Rally Monte Carlo. Mit dabei waren von nun an auch einige der   skandinavischen Weltklasse-Piloten wie Björn Waldegaard und Rauno Aaltonen, die man als hochdotierte Freelancer   eingekauft hatte.

  Bei der Monte fuhren die Fiat-Teams gegen härteste Konkurrenz   - nämlich gegen die Vorjahressieger, die Lancia Fulvia 1600 HF,   und die Renault Alpines. Aber der Einsatz war ein einziges   Desaster: Björn Waldegaard schied früh aus, Paganellis Wagen   zerschellte an einer Mauer, Raffaele Pinto / Pietro Bernacchini   wurden nur Siebente. Auch bei der Schweden-Rally wurden   keine Schlagzeilen geschrieben: Lindberg / Andreasson kamen   lediglich auf den fünften Rang. Und im Mai bei der Marokko-Rally   erwies sich das 124-Abarth-Fahrwerk als nicht ausreichend, und   Waldegaard / Sager wurden nur Sechste.

  Glücklicherweise konnte 1973 auch einiger Lorbeer errungen   werden. Höhepunkt war, als Achim Warmbold und Jean Todt   (seit Oktober 2009 Präsident des Welt-Automobilverbands FIA)   als erste von drei "überlebenden" Equipes bei der harten Polen   Rally ins Ziel kamen: 62 Teams waren ausgefallen...Aaltonen / Turvey belegten bei der Akropolis-Rally den zweiten   Platz, Lindberg / Hertz wurden Vierte. Verrini / Torriani kamen bei der Rally San Remo auf den zweiten Rang, weitere   drei Fiat-Teams folgten ihnen auf dem Fuße. Achim Warmbold erreichte bei der Tausend Seen Rally allerdings nur   den achten Platz.

  Und die Krönung war, als Fiat 1973 Vize-Markenweltmeister wurde - diesmal nach Alpine-Renault und vor Ford,   Volvo und Saab. Nicht zu vergessen die Damen-Europameisterschaft, wo die früheren Porsche-911-Treterinnen   Donatella Tominz / Lucia Mamolo ("Squaw") auf Fiat das Rennen machten.

Quelle: Das Große Fiat Spider Buch - Eberhard Kittler, Heel Verlag, Königswinter | nach oben